J. H. Praßl Chroniken von Chaos und Ordnung 1
Thorn Gandir: Aufbruch
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»Thorn Gandir: Aufbruch« (Chroniken von Chaos und Ordnung 1) von J. H. Praßl
Thorn ist ein Waldläufer, der sich in die Dienste des Senators Antonius Virgil Testaceus gestellt hat. Er gilt als Held des Imperiums und ist beim Volk beliebt und anerkannt. Gemeinsam mit Rosmerta Moravod, die ebenfalls den Titel Heldin des Imperiums trägt, zieht er in den Kampf gegen ein 300.000 Mann starkes Sklavenheer. Thorn verachtet Rosmerta, die keinerlei Ideale besitzt, sondern nur an ihre Vorteile denkt. Wo er zu viele Gefühle investiert und von Freunden, denen er vertraut, verraten wird, handelt sie kühl und rational und schafft es, sich stets ins rechte Licht zu setzen.
Je länger der Krieg gegen das Sklavenheer fortschreitet, desto mehr zweifelt Thorn an der Richtigkeit ihres Handelns und er fragt sich, ob er auf der richtigen Seite steht. Doch als ehrenhafter Mann steht er zu seinem Wort gegenüber dem Senator und hilft Rosmerta, den Krieg zu gewinnen. Doch der Preis, den er zahlt, ist hoch. Seine große Liebe stirbt, Rosmerta hintergeht ihn und richtet den einzigen Freund hin, der ihm noch geblieben ist.
Aller seiner Freunde und seiner großen Liebe verlustig, nur noch von Rache getrieben, nimmt er einen neuen Auftrag des Senators an, der ihn über die Grenzen des Imperiums hinaus führt.
Dem Senator wurde das Zepter Valians gestohlen, ein Artefakt, das seine Macht festigen sollte.
Thorn begibt sich zusammen mit dem Priester Telos, dem Vallander Bargh und der Söldnerin Chara auf den Weg, das Artefakt zu finden und gleichzeitig Rache für den Tod seiner Geliebten zu nehmen. Er ist sich sicher, dass der Anstifter des Sklavenaufstandes und der Dieb des Zepters die gleiche Person sind.
Kommentar:
Eine Zusammenfassung der Story gestaltet sich etwas schwer, zu vielschichtig ist die Geschichte um den Söldnern und seinen Begleitern .
Thorn ist ein sehr ambivalenter Held. Er lässt sich von Gefühlen wie Liebe, Freundschaft und Angst leiten, wo oftmals eher Verstand gefragt wäre. Obwohl ein ehrenvoller Mann, hinterfragt er den Ehrenkodex der Armee. Ist es sinnvoll, den Ehrenkodex einzuhalten, wenn das eigene Leben auf dem Spiel steht und alles verloren ist? Soll man lieber für seine Ideale sterben oder sein Leben retten, um eventuell eine zweite Chance zu bekommen?
Das Buch beginnt mit dem Ende einer verlorenen Schlacht, nach der jeder mit sich und seinen Entscheidungen hadert, wo Verluste betrauert werden und der Überlebenswille alle Funktionen übernimmt. Wir lernen die Protagonisten gleich in einer Krisensituation kennen, auf der Flucht, um das Überleben kämpfend. Brutal, offen und ehrlich wird ihre Einstellung geschildert. Während hier der Mann eher emotional reagiert, agiert die Frau kühl, logisch und rational. Thorn, als geradliniger und einfacher Denker kann mit der Vielschichtigkeit der Frau nicht mithalten.
Die Geschichte beginnt kühl und zurückhaltend, erst mit dem Auftauchen von Liam kommt etwas Wärme in die Erzählung . So, wie er Thorn um den Finger wickelt so becirct er auch den Leser. Im Gegensatz zu der berechnenden Rosmerta und dem zurückhaltenden Thorn, wirkt Liam warmherzig, offen und freundlich.
Die einzelnen Kapitel werden jeweils durch einen Kommentar eingeleitet oder unterbrochen, der in Kursivschrift verfasst ist. Sobald klar ist, wer der Chronist ist, liest man die Geschichte mit anderen Augen, nimmt den Platz des Kommentators ein und sieht die Dinge auch aus seiner Warte. Dadurch wirkt die Geschichte intensiver, man wird ein Teil von ihr und denkt über die gleichen Fragen nach, wie die Protagonisten. Der Leser wird Teil des Geschehens, entwickelt eine eigene Meinung, die manchmal auch stark von der Meinung der Akteure abweicht.
Die Erzählstränge gehen fließend ineinander über. Dem Kampf gegen das Sklavenheer folgt eine Bedrohung Süden. Legenden ranken sich um die mysteriöse Figur Al Jebals, der auch der Alte vom Berg genannt wird und vom dem der Senator behauptet, dass er hinter allem Übel steckt, welches das Imperium bedroht. Thorn hat endlich jemanden auf den er seinen Zorn fokussieren kann.
Doch als Leser fragt man sich im Laufe der Geschichte, wer wirklich auf der Seite der Ordnung und der des Chaos steht. Zu vielschichtig sind die Motive des Einzelnen. Die Mittel und auch die Menschen, die Testaceus einsetzt, um dem Licht zu dienen, sind sehr fragwürdig. Im Laufe der Handlung verschwinden die Grenzen von Gut und Böse, Licht und Chaos und der Leser beginnt an den Motiven und Argumenten der Protagonisten zu zweifeln. Nichts ist so einfach wie es scheint und uns geht es so wie dem Waldläufer. Wir fragen uns, was die wirklichen Absichten der Ränkeschmiede sind und welche Rolle sie den Spielern in diesem Spielt zugeteilt haben. Wer Bauer ist und geopfert werden kann und wer wertvoll ist und von den Mächtigen und Intriganten beschützt wird.
Dazwischen Thorn, der immer versucht, das Richtige zu tun. Voller Ängste, Selbstzweifel und voller Fragen . Der als Einzelkämpfer bekannt ist und sich doch in seinem tiefsten Inneren nach Freundschaft sehnt. So sehr, dass er seine Freundschaft und Vertrauen zu oft den falschen Leuten schenkt. Andererseits ist er besessen von Al Jebal und verliert das eigentliche Ziel aus den Augen. Nur noch die Notwendigkeit hält die Gefährten zusammen, da jeder in Wirklichkeit eigene Ziele und Absichten verfolgt.
An einem dunklen und zeitlosen Ort müssen sich die Gefährten dann ihrem Innersten stellen . Zorn, Angst, Dunkelheit, Verzweiflung und das Warten auf eine Entscheidung zermürbt sie, die Fassade eines jeden beginnt zu bröckeln. Chaos dringt an die Oberfläche, das Dunkle, das in jedem lauert, kriecht an die Oberfläche. Die Tünche der Zivilisation wird hinweg gespült. Die Moral wird untergraben, die Menschlichkeit geht verloren und die tiefsten Ängste und Zweifel übernehmen das Denken.
Die Autoren schildern hier offen und hemmungslos den Verlust der Menschlichkeit, was übrig bleibt, wenn die Maske herunter gerissen wird und nur noch die Essenz übrig bleibt. Der Leser wird nicht geschont, es gibt keine Schönfärberei, keine glücklichen Zufälle, die alles zum besseren Fügen, es gibt keinen Gott, keine Treue und keine Freundschaft. Im Universum ist jeder allein und muss für sich alleine entscheiden, welchen Weg er gehen möchte. Thorn kannte seinen Weg doch mit dem Tod seiner Geliebten hat er sein Ziel verloren und mit dem Verlust der Freunde ist er plötzlich allein. Sein Zorn hindert ihn daran, die vier Gefährten zu einer Gemeinschaft zusammen zu schweißen. Zu unterschiedlich sind auch ihre Charaktere.
Das Buch ist wunderschön gestaltet . Das Cover ziert eine schöne, geschwungene Schrift über einem Richtungssymbol. Auf der ersten Seite finden wir eine Kohlezeichnung des Protagonisten und dann Buch schließt mit einem 14seitigen Glossar ab. Das Autorenduo hat die Karten und Illustrationen selber entworfen. Sehr zu empfehlen ist die Website zu dem Buch, auf der man sehr viele Zusatzinformationen zu Land, Leute, Religion, Politik und Geschichte findet. Da steckt sicherlich eine Menge Arbeit und Mühe drin, sehr zur Freude des Lesers, der nach dem Ende des ersten Teils mehr Informationen möchte um die Wartezeit auf Teil zwei zu überbrücken.
Fazit:
Keine leichte Kost aber fesselnd bis zum letzten Buchstaben. Die Autoren wagen es, auch die Schattenseiten des Heldentums zu zeigen, ohne jede Schönfärberei. Ich hoffe, sie halten das Niveau über alle geplanten acht Bände hinweg.