Pat Cadigan, William Gibson
Alien 3
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»Alien 3« von Pat Cadigan, William Gibson
Ich sitze jetzt gerade, an einem Samstag um 7:30 Uhr in der Frühe, am Frühstückstisch und habe das Buch vor mir liegen. Anstatt mich im Bett auf die andere Seite zu drehen und weiterzuschlafen (es war eine anstrengende Woche), sitze ich jetzt hier und überlege intensiv, was ich zu dem Buch schreiben soll. Das fällt mir nicht leicht, denn so sehr ich das Alien Franchise auch liebe, dieses Buch mag ich nicht besonders. Und das hat gleich zwei Gründe.
Fangen wir mit dem gravierendsten an – und der heißt Ellen Ripley.
Im gleichnamigen Film Alien 3 aus dem Jahr 1992 (au man, ist das schon so lange her?) ist Ripley die einzige Überlebende (sieht man von dem Androiden Bishop, auch wenn nicht viel von ihm übrig geblieben ist, einmal ab), was ich sehr schade fand, denn Newt und Hicks waren mir doch sehr ans Herz gewachsen. Im vorliegenden Buch haben (Freude, Freude, Freude) alle überlebt, selbst Bishop wurde wieder zusammengeflickt.
ABER! Ellen Ripley sagt in diesem Buch nicht nur kein einziges Wort, sie spielt noch nicht einmal eine Rolle. Sie wird in einem komatösen Zustand von der Sulaco an Bord der Raumstation Anchorpoint geholt, liegt kurz in der Stationsklinik und wird dann in einer Fähre zur nächsten Station geschickt und verschwindet somit, ohne das Bewusstsein wiedererlangt zu haben, aus der Handlung. Newt darf zwar den ein oder anderen Satz von sich geben, wird dann aber auch mehr oder weniger elegant aus der Handlung entsorgt. Zurück bleiben nur Hicks und Bishop von den ursprünglich vier Überlebenden.
Zur Ehrenrettung von Gibson und Cadigan muss man jedoch sagen, dass zu diesem Zeitpunkt noch die Frage offen war, ob Sigourney Weaver für einen dritten Teil als Ellen Ripley zur Verfügung stehen würde. Und falls nicht, hätte sich die Handlung des dritten Films dann logischerweise auf Hicks und Bishop konzentriert. Von daher gibt es von mir schon Verständnis über das Fehlen von Ripley als Protagonistin, denn dieses Buch war ja die gedachte Vorlage für einen dritten Film.
Was sich dann auf Anchorpoint abspielt ist fast eine 1:1 Kopie von Aliens . Die Überlebenden müssen die Raumstation verlassen, einmal weil ihnen die Aliens am Arsch kleben und einmal weil die Raumstation in die Luft fliegen wird. Während Bishop alleine auf eine Sondermission geschickt wird, verabschieden sich die restlichen Überlebenden nach dem „10-kleine-Dunkelhäutige Prinzip“. Zum Schluß werden dann mal wieder alle (die bis dahin noch nicht gestorben sind) von Bishop gerettet und enteilen in einer Rettungskapsel der explodierenden Raumstation. An Bord, wird sich wohl wieder irgendein Alien versteckt haben (ist jetzt meine Vermutung).
In dem Zusammenhang muss ich anmerken, dass mich Bishop einfach nur genervt hat. Seine ewigen Vergleiche zu dem, was Apone, Vasquez, Hudson, Drake und wie sie alle geheißen haben, irgendwann einmal in Aliens gesagt oder getan haben, nervt mit der Zeit. Anfangs war das ja noch nett und hat die Verbundenheit zum zweiten Teil gezeigt, aber mit der Zeit entwickelt es sich zu einem krampfhaften Bemühen. Hicks war OK, hat mich aber wenig an den Hicks aus Aliens erinnert.
Der zweite Grund warum mich das Buch nicht überzeugt hat war die nun anscheinend neue Reproduktionsmethode der Aliens. Der Klassiker der Vorgänger ist einfach mal eben so über den Haufen geworfen worden. Über den Facehugger bis hin zum Chestburster, müssen wir nicht reden – das ist der Klassiker. Cadigan und Gibson warten hier jedoch (nicht immer!) mit einer neuen Variante auf: Der Mensch an sich wird zum Alien. Eben noch rein menschlich, man hat sich mit ihm noch Sekunden zuvor ganz normal unterhalten und gescherzt, schält sich auf einmal seine Haut ab und darunter kommt ein Alien zum Vorschein. Bitte??
Auch ist es so, dass sich in den klassischen Fällen die Aliens nicht mehr nur durch die Brust ins Freie kämpfen, sondern ein Mensch kann von drei oder vier Embryonen gleichzeitig bewirtet sein. Die brechen dann auch schon mal aus einem Bein hervor. Keine Ahnung wie die da hingekommen sind. Alles sehr merkwürdig. Würden Cadigan und Gibson wenigstens eine Erklärung liefern warum das nun so ist, könnte man das vielleicht noch abnicken, aber das passiert nicht. Hier werden irgendwelche Neuerungen eingeführt, ohne Erklärungen und ohne Sinn und Verstand.
Die Handlung wirkt auf mich wenig inspiriert und hat auch kein Alleinstellungsmerkmal gegenüber seinen Vorgängern (sieht man von dieser unsäglichen Fortpflanzungsmethode mal ab). Die Charaktere sind zwar durchaus Ok, aber richtig mit ihnen mitfiebern konnte ich auch nicht, selbst mit Bishop und Hicks nicht. Auch wenn, wie vorausgeahnt, viele der Protagonisten ins nicht vorhandene Gras beißen, ist die Spannungskurve für mich relativ flach – vermutlich wegen der fehlenden Bindung zu den Charakteren. Wenn ich sie mit den früheren Alien Büchern von Alan Dean Foster oder Steve Perry (sehr zu empfehlen), ihre unvergleichliche Art die Story an den Mann oder die Frau zu bringen, vergleiche, kann dieses Buch nicht mithalten. Hier kommt einfach kein richtiges Alien Feeling für mich auf.
Auch die kleine Nebenhandlung, die auf Rodina spielt, läuft nach dem gleichen 08/15 Muster ab. Bevor die Sulaco nach Anchorpoint gelangt, durchläuft sie eine Region die zu Rodina gehört. Dort wird sich natürlich von den "Rodenianern" auch erst einmal eine Alienprobe aus dem Schiff genommen, bevor man die Sulaco, um diplomatische Streitigkeiten zu vermeiden (immerhin ist die Sulaco ein militärisches Schiff das den Colonial Marines gehört), weiter in das Gebiet der Weyland Yutani Gruppe ziehen lässt. Auch hier läuft die weitere Handlung anschließend nach dem gleichen Muster wie dem ab, welches auch auf Anchorpoint passieren wird. Auf diese Nebenhandlung hätte man auch gerne verzichten können.
Wenn ich die Wahl hätte wie der Film Aliens fortgesetzt werden sollte, entweder so wie im vorliegenden Buch oder wie der Film Alien 3 würde ich mich definitiv für den Film entscheiden und nicht für das Buch. Ripley als Protagonistin ist mir einfach lieber als Hicks oder Bishop, auch wenn ich beide gemocht habe. Eines scheint sich jedoch mittlerweile abzuzeichnen: Egal was an Alien Geschichten noch geschrieben oder verfilmt wird, es wird nach dem gleichen Muster ablaufen, etwas anderes (oder besseres) scheint den Machern einfach nicht einzufallen. Mit der Zeit wird das selbst für mich ermüdend. Es wäre nett, endlich mal positiv überrascht zu werden.
Fazit
Nette Unterhaltung, die mich aber nicht zu fesseln vermochte.